Dufay Ensemble Nürnberg – Konzept

Die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts wird maßgeblich geprägt von niederländischen Komponisten, unter denen Persönlichkeiten wie Johannes Ockeghem, Josquin Desprez, Orlando di Lasso u.a. herausragen. Als Vater der Epoche gilt Guillaume Dufay (um 1400 - 1474). An der Grenze zur Neuzeit stehend, verbinden sich bei ihm spekulativ-konstruktivistische Elemente mit dem glühenden Drang nach individuellem Ausdruck, neben mittelalterliches Denken in Proportionen tritt ein neuer Sinn für Phänomene des Klangs. Das polyphone Geflecht zunehmend autonomer Linienenergien, das so besonders in den liturgisch gebundenen Formen wie Messe und Motette auftaucht, kann als Metapher für die "coincidentia oppositorum" stehen: für die Vorstellung eines Nikolaus von Kues (1401 - 1464) vom letzten Zusammenfallen alles Gegensätzlich-Individuellen im göttlichen Einen.

Beim Versuch der Formulierung neuer musikalischer Sprachen wendeten sich Komponisten der Neuen Musik immer wieder der Epoche der niederländischen Vokalpolyphonie zu. Dort wurden sowohl in der Expressivität und rhythmischen Komplexität der melodischen Bewegung wie in strukturellen und formalen Konzeptionen Haltungen sichtbar, die - lange Zeit im Hintergrund - nun neue Aktualität gewannen: etwa in Fragen von Reihenbildung und Klangstruktur oder in Erscheinungen wie neuer Modalität, Minimalismus etc.

Diesen Verbindungslinien versuchte das Dufay Ensemble Nürnberg von 1995 bis 2022 in seiner musikalischen Arbeit nachzuspüren. Dazu arbeiteten projektbezogen unter der Leitung von Wolfgang Fulda bei 2 bis 3 Produktionen pro Jahr ambitionierte Laien und Berufsmusiker (Sänger, Instrumentalisten, Komponisten) überregional zusammen. Zahlreiche Konzerte, Performances, Rundfunkaufnahmen, CD-Produktion.